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Grau ist alle Theorie – Entscheidend is aufm Platz

Ich war schon immer absolut fußballverrückt. Wenn ich einen Ball vor die Füße bekomme, setzt einfach irgendwas bei mir aus bzw. das Fußball-Gen ein. Und da spielt es eigentlich keine Rolle, welche Art von Ball. Ich nutze zur Not auch Volley-, Hand- oder Tischtennisbälle. Oder plattgedrückte Getränkedosen – Kicken geht immer.

 

Im Kindergarten schon waren Klettergerüst und Sandkasten schnell vergessen, als die Jungs um mich herum Fußball gespielt haben. Und dann fing es ganz klassisch und total harmlos an, als Papa klein Lisa zum ersten Mal mit ins Stadion nahm. Nach Dortmund! An dieser Stelle muss es raus: Ja, ich bin eine waschechte, stolze, schwarz-gelbe Zecke, es gibt nur eine Borussia und für mich wird es auch für immer das Westfalenstadion bleiben. So. #echteliebe

 

Mit dem Angriff gewinnst du Spiele, mit der Abwehr die Meisterschaft

 

Der Beginn einer bis heute anhaltenden Leidenschaft. Nicht nur für den Verein, sondern eben auch für den Sport. Im Stadion muss natürlich der hiesige Dresscode eingehalten werden, sprich: Ohne Trikot geht nix. Und ich hatte mich vorbereitet. Auf die Frage, welcher Spieler denn auf meinem allerersten Trikot stehen sollte, wusste ich mit sieben Jahren die passende Antwort: Jürgen Kohler. Die Verwirrung war groß, denn üblicherweise wollen immer alle den tollsten Stürmer auf dem Rücken haben. Ich fand aber den Abwehrrecken viel cooler und er ist bis heute mein Idol. Das zieht sich übrigens auch in Summe durch mein Fußballleben: Nach Kohler kam – lasst euch den Namen auf der Zunge zergehen - Leonardo de Deus Santos, kurz: Dedé. Danach Mats Hummels… Die Defensive ist eben eher mein Ding.

 

Schule, Hausaufgaben, Bolzplatz
 

Es war nicht leicht für meine Mutter, wenn die gerade neu gekauften Schuhe schon am ersten Tag aussahen, wie Sau. Klar, beim Kicken in jeder Pause nimmt man eher weniger Rücksicht auf die Klamotten. So richtig sauer war sie dann aber, als ich stolz wie Oskar mal mit Bildern eines professionellen Fotografen nach Hause kam. Der Termin war in der Grundschule lange angekündigt und es sollten Bilder für das Jahrbuch gemacht werden. Alle waren schön rausgeputzt. Mal abgesehen von mir, denn ich hatte meine BVB-Kappe auf und stolz das Trikot an. Außerdem war ich noch etwas verzottelt, weil ich in der Pause vorher selbstverständlich trotzdem Fußball gespielt habe.

 

Nach den Hausaufgaben gab es meistens ebenfalls nur ein Ziel: den örtlichen Bolzplatz. Damals noch schön mit Kies und simplen Metalltoren. Ich muss wohl nicht erwähnen, wie ich danach ausgesehen habe. Ich glaube, meine Mutter hat sich diesbezüglich irgendwann in ihr Schicksal ergeben.

Fortuna Wuppertal – Echte Liebe 2.0

Obwohl ich meine Leidenschaft für den Sport wirklich schon früh entdeckt habe, bin ich erst spät zum Vereinsfußball gekommen.  Ich war schon fast 16 und meine Familie dachte, das werde dann jetzt wohl „so eine Phase“. Nix da, bis heute bin ich eine Fortunin, habe der Mannschaft nie den Rücken gekehrt, habe Abstiege ebenso mitgemacht wie Aufstiege, laufe bis heute mit dem gleichen Herzblut sonntags auf und möchte keine Minute missen. Nächstes Jahr habe ich 15-jähriges Jubiläum und es ist definitiv noch kein Ende in Sicht, ganz im Gegenteil. Wie sagt Miro Klose so schön? Ich werde spielen, solange ich meinen Kadaver über den Platz schieben kann.
 

Dribbelkönigin oder Anti-Fußballer?

Ich würde ja gerne von mir sagen, dass ich der weibliche Messi bin. Da müsste ich aber selbst schon schallend loslachen. Ich hab auf dem Platz echt Übersicht und ein paar Knaller-Ideen, leider fehlt mir manchmal die Technik, die Bälle dann auch entsprechend zu verteilen. Ich spiele am liebsten im rechten Mittelfeld, alternativ ist auch die Abwehr eine Option. Ihr merkt: Da gibt es einen roten Faden. Bei uns ist das eh nicht immer ein Wunschkonzert, da spielt man eben da, wo der Trainer einen hinstellt. That’s life. Torgefährlich bin ich, wenn, eher mit dem Kopf. Dafür hänge ich mich mit allem in die Spiele, was geht und bin eine echte Kämpfernatur im positiven Sinne.

 

Alptraum Sommerpause

 

Normalerweise würde sich meine Laune so langsam aber sicher deutlich verschlechtern. Das letzte Saisonspiel war Anfang Juni, Training findet jetzt auch erst mal nicht mehr statt und Bundesliga ist auch durch. Für jemanden wie mich eine absolute Katastrophe! Glücklicherweise rettet mich dieses Jahr die Fußballweltmeisterschaft. Andere Frauen können das wahrscheinlich kaum nachvollziehen, aber am meisten freue ich mich auf die Vorrunde, weil dann oft drei Spiele an einem Tag sind, die man direkt hintereinander weg gucken kann. Grandios. Bei mir stellt sich dann auch wirklich bei jedem großen Turnier erst mal Ernüchterung ein, wenn nach der Vorrunde plötzlich nur noch ein Spiel täglich ausgetragen wird. Oder vor den Finals an manchen Tagen sogar gar keins stattfindet.

 

Einen Tipp für den Titel gebe ich übrigens nicht ab, das fällt mir immer viel zu schwer. Deshalb hoffe ich einfach auf ein super Turnier, viele Tore und vor allem auch wieder einige Überraschungen, wenn Spieler plötzlich über sich hinaus wachsen. Ich werde auf jeden Fall so viele Spiele wie möglich gucken und immer brav mein Trikot tragen. Da steht übrigens noch gar kein Name drauf. Wird dann wohl Hummels oder Boateng :)