
Am 17. Januar ging es wieder rund beim Marketing-Club Bergisch Land e. V. Der erste Clubabend des Jahres 2019 fand in der Barmenia-Hauptzentrale in Wuppertal statt. Das war natürlich kein Zufall, denn es ging um Sportsponsoring und die Barmenia-Versicherung ist ja schließlich seit 2016 Hauptsponsor des Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen. Heiko Scholz, Hauptabteilungsleiter Marketing bei der Barmenia, hielt einen Expertenvortrag. Außerdem war der ehemalige Bayer 04-Mittelstürmer Stefan Kießling zu Gast, der seit dem Ende seiner aktiven Karriere im letzten Jahr nun als Referent Geschäftsführung Sport im Verein-Marketing arbeitet.
Meine eigene Sportlaufbahn ist eher so non-existent. Ich achte darauf, trotz exzessiven Schreibtischsitzens einigermaßen in Form zu bleiben und freue mich, wenn ich höre, dass der BVB gewonnen hat. Als Herr Scholz am Anfang seiner Präsentation sagte: „Sportsponsoring ist mehr, als ein Logo auf ein Trikot zu drucken.“, musste ich innerlich lachen, denn genau das assoziierte ich mit dem Thema.
Und so geht es wohl erstmal vielen, wenn sie den Begriff „Sportsponsoring“ hören. Deshalb hier eine offizielle Definition:
Der Sponsoring-Pionier Prof. Dr. Manfred Bruhn definiert Sportsponsoring als „die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten, die mit der Bereitstellung von Geld-, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-how durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Mannschaften, Vereinen, Verbänden und/oder anderen Organisationen im sportlichen Bereich verbunden sind, um damit gleichzeitig Ziele der eigenen Unternehmenskommunikation zu erreichen.“
Die Definition bestätigt: Zum Sportsponsoring gehört definitiv einiges mehr, als das Shirt eines Sportlers mit dem eigenen Logo zu schmücken, und im Gegenzug ein wenig (oder auch ein wenig mehr) Knete rüberzuschieben. Wie genau das Ganze funktioniert, erklärt sie uns – wie die meisten Definitionen – allerdings leider nicht. Deshalb wird es jetzt mal etwas konkreter.
Zuerst ein paar allgemeine Hintergrundinfos:
Bis vor ca. 50 Jahren gab es in Deutschland überhaupt kein Sportsponsoring. Im Gegenteil: Sobald auch nur der Hauch eines Logos bei einer öffentlichen Sportveranstaltung zu sehen war, wedelten alle energisch mit der roten Karte und brüllten: „Schleichwerbung!!!“. Erst in den 80ern begann sich die ökonomisch motivierte Kooperation von Sportlern und Unternehmen flächendeckend zu etablieren. Inzwischen arbeitet quasi der gesamte Sportsektor mit Sponsoren zusammen. Im Jahr 2015 wurden bundesweit 4,5 Mrd. € für Sportsponsoring ausgegeben. Das ist weit mehr, als für jeden anderen Sponsoring-Bereich. Am intensivsten gesponsert wird hierzulande – Überraschung – der Fußball. Aber auch andere Disziplinen wie Laufsport, Eishockey und vor allem Basketball werden immer bedeutsamer.
Was macht den Sport so attraktiv für Sponsoren?
Mit Sponsoring verfolgen Konzerne meist folgende Kommunikationsziele:
- Bekanntheit steigern/Reichweite erhöhen
- Image verbessern
- B2C-Kundenbindung stärken
- B2B-Kontakte pflegen
- neue Zielgruppen erschließen
Und genau dafür eignet sich Sport (besonders auf Spitzenniveau) besonders gut, denn
- Sport genießt in unserer Gesellschaft ein extrem hohes Ansehen. Er verkörpert Werte wie Leistung, Stärke, Erfolg, Fairness und Spaß. Wird eine Marke mit einer Person, einer Mannschaft oder einem Event aus dem Sportsektor verknüpft, kommt es i. d. R. zu einem Imagetransfer, d. h. (potenzielle) Kunden schreiben die oben genannten Werte auch ihr zu.
- Sport ist sehr präsent in den Medien. Und überall dort, wo ein Sponsoring-Nehmer zu sehen ist, sind bei einer entsprechenden Kooperation auch seine Sponsoren präsent. Bekanntheitsgrad und Reichweite wachsen. Häufig lassen sich so auch neue Zielgruppen erschließen.
- Kundenbindung funktioniert am besten auf emotionaler Ebene. Und Sport ist sehr emotional. Viele Fans brennen für ihren Lieblingssportler oder ihren Lieblingsverein und identifizieren sich mit ihnen. Der bereits erwähnte Imagetransfer sorgt im Idealfall dafür, dass sie sich dadurch ebenfalls mit der Marke des Sponsors identifizieren. Sportsponsoring kann also als „Reason to believe“ fungieren, denn häufig gilt das Prinzip „Woran mein Idol glaubt, daran glaube ich auch.“ Durch fanfokussierte Aktionen oder spezielle Fan-Produkte können weitere Sympathiepunkte gesammelt werden. Was bei der Zielgruppe funktioniert, klappt logischerweise meist auch bei den eigenen Mitarbeitern. Sportsponsoring bietet diverse Möglichkeiten im Bereich Employer Branding
- Ein wichtiges und gern genutztes Instrument zur B2B-Kontaktpflege ist Hospitality, also Gastfreundlichkeit. Man lädt Geschäftspartner zu sich ein, um im persönlichen Gespräch allerlei Dinge zu besprechen. Und die wollen natürlich was geboten bekommen. Auch hier zahlt sich ein Sportsponsorship aus, denn meistens stehen den Sponsoren z. B. in Stadien exklusive VIP-Lounges zur Verfügung
Sportsponsoring kann sich also in vielfacher Hinsicht so richtig lohnen. Dennoch will ein solcher Schritt reiflich überlegt sein. Wie überall, gibt es nämlich nicht nur Vorteile, sondern auch nicht zu unterschätzende Risiken, die ihr im Vorfeld kalkulieren müsst.
- Sportsponsoring ist i. d. R. mit immensem Aufwand verbunden – und zwar nicht nur finanziell. Um die Potenziale des Sponsorships möglichst weit ausschöpfen zu können, müssen z. B. regelmäßige Erfolgskontrollen durchgeführt werden. Jene sind ihrerseits wiederum immens kosten- und arbeitsintensiv.
- Klar, Sportsponsoring hat ein großes Erfolgspotenzial. Wie sehr sich das Ganze dann aber letztendlich in der konkreten Praxis lohnt, lässt sich nur schwer bis gar nicht zuverlässig prognostizieren. Entsprechende Erhebungen sind nur selten wirklich valide, denn es gibt z. B. keine einheitliche „Währung“, in der die Ergebnisse ausgedrückt werden können. Erschwerend hinzu kommt der „Carry-over-Effekt“. Die Wirkung von Sportsponsoring macht sich nämlich erst mit einer gewissen Zeitverzögerung bemerkbar. Mindestens eine gänzlich unbekannte Variable bleibt außerdem immer. Misserfolge, Verletzungen etc. können weder ausgeschlossen, noch vorhergesagt werden.
Sport ist ja auch nicht gleich Sport. Die nächste entscheidende Frage, die ihr euch stellen solltet, lautet: Welches Sponsorship passt zu meiner Marke?
Im Sportsponsoring-Sektor werden vier Grundtypen unterschieden:
- Sponsoring von Einzelpersonen: Hierbei handelt es sich meistens um aktive oder ehemalige Spitzensportler. Sie sind bekannt, sie sind beliebt und sie bieten ein extrem großes Identifikationspotenzial. Genau das birgt jedoch andererseits auch ein gewisses Risiko: Nicht nur Verletzungen können für Sponsoren zum echten Problem werden, wenn sie alles auf eine Karte setzen. Auch nachlassende sportliche Leistungen oder Skandale haben unter Umständen extrem negative Folgen, denn der „firmeneigene“ Sportler wird von den (potenziellen) Kunden als Teil der Corporate Behaviour betrachtet. Imagetransfer funktioniert eben auch im negativen Sinne.
- Sponsoring von Vereinen/Mannschaften: Wie der Name schon verrät, wird hierbei nicht ein einzelner Sportler zum Sponsoring-Nehmer, sondern gleich ein ganzer Verein bzw. eine ganze Mannschaft. Logischerweise ist das meist um einiges teurer und aufwändiger, hat aber auch ein paar, nicht zu verachtende, Vorzüge. I. d. R. gibt es deutlich mehr Werbeflächen, die genutzt werden können (Stadion, Mannschaftsbus, …), ganz zu schweigen von den bereits erwähnten Räumlichkeiten. Auch trifft mögliches Fehlverhalten einzelner Teammitglieder die Sponsoren nicht allzu hart, da keine Eins-zu-Eins-Verknüpfung besteht.
- Sponsoring von Veranstaltungen: Veranstaltungssponsoring wird immer bedeutsamer, denn große Sport-Events werden immer teurer und aufwändiger. Die einzelnen Instrumente und Maßnahmen sind dem Vereins-/Mannschafts-Sponsoring sehr ähnlich (Trikotwerbung, Bandenwerbung, …). Der entscheidende Unterschied liegt in der Dauer, denn die tatsächliche Sichtbarkeit beschränkt sich auf den Zeitraum rund um die Veranstaltung. Hier muss dann wirklich Vollgas gegeben werden, damit die eigene Marke anschließend nicht ruckzuck wieder aus den Köpfen der Menschen verschwindet.
- Sponsoring von Breiten-/Freizeitsport: Anders, als bei den anderen drei Typen, stehen hierbei nicht primär die oben genannten Kommunikationsziele im Vordergrund. Stattdessen geht es um die Demonstration von Corporate Social Responsibility. Klar wirkt sich das positiv auf das Firmen-Image aus, weshalb sich viele größere Sponsoren neben ihren Haupt-Sponsorships auch im Breiten- bzw. Freizeitsport einbringen.
Ihr seht, die Wahl eines passenden Sportsponsoring-Nehmers ist gar nicht so einfach. Und es gibt noch ein paar weitere Aspekte, die ihr bei der Entscheidung unbedingt einfließen lassen solltet:
- Wie groß ist euer Unternehmen? Wie bekannt ist eure Marke bereits?
- Agiert ihr lokal, bundesweit oder gar international?
- Was sind eure genauen Ziele?
- Welcher Sponsoring-Nehmer passt zu meiner [Markenidentität]?
- Gibt es vielleicht sogar explizite Gemeinsamkeiten wie z. B. dieselbe Heimat o. ä.?
- Ist ein Zielgruppen-Fit gegeben?
Gerade im Profibereich ist der Markt sehr hart umkämpft. Anders sieht es hingegen bei weniger bekannten Athleten und Vereinen aus. Viele von ihnen sind quasi permanent auf der Suche nach Sponsoren. Hier kann sich ein Blick auf das Online-Portal Sponsoo lohnen, das seit 2014 Sportler und Sponsoringinteressierte zusammenführt. Aktuell sind dort 3,5 Mio. Nutzer registriert.
Habt ihr einen Sponsoring-Partner gefunden und euch vertraglich mit ihm geeinigt, beginnt die eigentliche Arbeit. Die genaue Ausgestaltung des Sponsorships ist natürlich ganz individuell. Ein allgemeines Zauberwort gibt es jedoch – und das lautet „Crossmedia“. Wer seinen Fokus nur auf separate Einzelmaßnahmen legt, verschenkt massig Potenzial. Gerade die Sozialen Netzwerke bieten vielfältige Möglichkeiten, etwa im Storytelling-Bereich. Erfolgskontrolle ist in jedem Fall das A und O. Nur, wenn ihr wisst, was gut funktioniert hat und was vielleicht nicht so, könnt ihr euch in Zukunft (noch mehr) steigern. Dass Sportsponsoring aber prinzipiell ganz ausgezeichnet funktioniert, belegen – wie passend – die Ergebnisse einer Analyse aus dem letzten Jahr: 97 % der Unternehmen, die 2018 bereits Sportsponsoren waren, möchten es auch 2019 bleiben.
Ausblick: eSport
eSport, also das wettkampfmäßige Spielen von PC- oder Konsolengames, gilt zwar laut dem Deutschen Sportbund (noch) nicht als wirkliche Sportart, ist aber dennoch schon jetzt extrem attraktiv für den Sponsoring-Markt – Tendenz rasant steigend. Rund zwei Dritteln der Menschen in Deutschland ist eSport bereits ein Begriff. Das ist nicht verwunderlich, denn über das Internet erzielt der eSport eine extrem hohe Reichweite. Hinzu kommen (noch) vergleichsweise niedrige Eintrittsbarrieren und Kosten. Vor allem für solche Unternehmen, die eine junge, technikaffine Zielgruppe erreichen möchten, lohnt es sich, ernsthaft über ein Sponsorship im eSport-Sektor nachzudenken.
Ich hoffe, ich konnte euch zeigen, wie facettenreich und spannend Sportsponsoring tatsächlich ist. Okaaay, möglicherweise liegt meine neu gewonnene Begeisterung für das Thema auch ein kleinwenig darin begründet, dass ich beim Clubabend-Gewinnspiel abgesahnt habe: Zwei VIP-Tickets für das Bayer 04-Spiel gegen Fortuna Düsseldorf. Bei dieser Gelegenheit werde ich mich jedenfalls mal ausgiebig live davon überzeugen, wie die Barmenia das mit dem Sportsponsoring konkret umsetzt.