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Voll auf den Geschmack gekommen: Praktikantin Janas Rückblick zum letzten Clubabend des Marketingclub Bergisch Land e. V. – Multisensorisches Marketing

„Mit Sicherheit haben Sie schon einmal zu jemandem gesagt ‚Entschuldigung, da habe ich mich versehen.‘ oder ‚Tut mir leid, da hatte ich mich wohl verhört.‘ Aber haben Sie schon einmal gesagt ‚Verzeihung, ich habe mich verfühlt.‘?“ Diese Frage stellte uns Olaf Hartmann, der Geschäftsführer der Touchmore GmbH und Mitbegründer des Multisense-Instituts, beim letzten Marketing-Clubabend. Am 21. Februar kam er nämlich in den FordStore Wuppertal, um mir und den anderen Teilnehmern die Welt des multisensorischen Marketings näherzubringen.

 

 

Seine Frage möchte ich jetzt mal an euch weiterleiten. Habt ihr schon mal gesagt, ihr hättet euch verfühlt? Nein? Ich auch nicht! In der Regel nehmen wir unsere Umwelt über fünf verschiedene Sinne wahr: Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken. Während wir besonders den ersten beiden offenbar eine gewisse Fehleranfälligkeit zuschreiben, ziehen wir etwa den Tastsinn eher selten bis gar nicht in Zweifel. Warum ist das so? Ganz einfach: weil wir im alltäglichen Leben überhaupt nicht bewusst über ihn nachdenken. Ein Reiz, der über die Haut aufgenommen wird, aktiviert sofort einen Urinstinkt, der wiederum eine bestimmte Emotion hervorruft. Auch, wenn wir vielleicht anschließend beginnen, rational über den Impuls zu reflektieren, bleibt das Gefühl unterschwellig präsent. Dass sich dieser Mechanismus ganz wunderbar zu Verkaufszwecken nutzen lässt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Doch wie das Ganze im Detail funktioniert, war zumindest mir bislang nicht klar.

 

 

Weil ich bei dem Vortrag von Herrn Hartmann also wieder super viel gelernt habe, und weil Begriffe wie Corporate Design, Corporate Sound oder Corporate Smell teils schon mehrfach Thema hier auf dem G&T-Blog waren, habe ich nochmal einige Basics zum „Multisensorischen Marketing“ für euch zusammengestellt.

 

 

Das Ziel von Werbung ist es ja meist, Verbraucher aufmerksam auf eine bestimmte Marke und ihre Produkte zu machen. Klingt einfach, ist es aber nicht! Da sind zum einen natürlich die Mitbewerber, von denen man sich abheben muss. Doch die noch viel größere Hürde stellt gar nicht die Konkurrenz dar, sondern schlichtweg das allgemeine Desinteresse an Reklame. Wer könnte es uns auch verübeln, werden wir doch an allen Ecken und Enden damit zugeschüttet. Klar, dass unser Gehirn da schon alleine aus Reizüberflutungsschutzgründen knallhart selektiert. Damit wir uns intensiver mit einem Produkt befassen, reicht die reine Information über dessen Existenz schon lange nicht mehr aus. Wir wollen keine Werbung, wir wollen Erlebnisse! Und genau diese lassen sich hervorragend mittels multisensorischen Marketings schaffen. Aber wie lassen sich die jeweiligen Sinne überhaupt ansprechen?  

 

 

Sehen:

 

Im normalen Alltag nehmen wir ca. 80 Prozent der Umwelteindrücke über unsere Augen wahr. Schon deshalb ist ein ansprechendes Corporate Design für Firmen unverzichtbar. Romy und Lisa haben bereits drei Blogbeiträge zu dieser wichtigen Thematik verfasst. Deshalb picke ich mir jetzt mal nur einen einzelnen Aspekt raus, den ich besonders spannend finde: Farbgebung. Studien zufolge ordnen wir gewissen Farben intuitiv bestimmte Werte zu. Schwarz steht beispielsweise für Selbstbewusstsein, Stärke und Kraft. Blau vermittelt Sicherheit, Disziplin, Ruhe und Verstand, während grün mit Genuss und Kreativität verknüpft wird. Hmm, da hat sich wohl jemand was gedacht beim schwarz-petrolfarbenen Grammar&Typo-Logo. :p

 

 

 

Hören:

 

Auch das Gehör spielt eine essentielle Rolle in Sachen Werbeerfolg. Darum kreieren viele Unternehmen eine eigene Melodie, bei der man – häufig in Kombination mit einem knackigen Slogan – sofort an sie und ihre Produkte denken muss. Ein paar typische Beispiele für ebendiesen ‚Corporate Sound‘, haben Lisa & Romy [hier] zusammengestellt. Doch auch andere Töne sind unter Umständen relevant für die auditive Markenkommunikation, etwa ein ganz bestimmtes Geräusch beim Öffnen einer Verpackung. Auch das immergleiche Knuspern beim Essen bestimmter Cornflakes, Chips o. ä. ist kein Zufall, sondern wurde zuvor aufwändig im Soundlabor entwickelt. Crazy oder?

 

 

 

Riechen:

 

Wer liebt ihn nicht, den Duft des frisch aufgebrühten Lieblingskaffees? Wer sehnt sich bei dem Geruch von Sonnencreme nicht sofort nach Strandurlaub? Gerade olfaktorische Reize werden von uns im Zusammenhang mit bestimmten Gefühlen abgespeichert und sind deshalb besonders stark emotional aufgeladen. Immer mehr Firmen lassen sich darum einen sog. [‚Corporate Smell‘], also einen individuellen Markenduft einfallen. Wie empfindlich und forschungsaufwändig eine solche Aktion jedoch ist, zeigt zum Beispiel der Fall des amerikanischen Fitness-Labels Abercrombie&Fitch: Um die Leute zum Kaufen anzuregen, verteilten die nämlich einen sehr herben Duft in ihren Filialen. Leider weckte dieser aber nicht den Sportsgeist der Shop-Besucher, sondern löste in ihnen klaustrophobische Ängste aus, was zu einem signifikanten Umsatzeinbruch führte. Smells like Fail :D!

 

 

 

Schmecken:

 

Mit der Umwerbung des Geschmackssinns ist das so eine Sache, denn er ist von all unseren Sinnen am schwächsten ausgeprägt. Der gute alte Spruch „Das Auge isst mit.“ wird zwar meistens in Bezug darauf verwendet, dass gutes Essen nicht nur lecker, sondern auch schön angerichtet sein sollte, enthält jedoch noch eine weitere Bedeutungskomponente: Bei der Zuordnung eines Geschmacks zu einem Produkt, verlassen wir uns in erster Linie gar nicht auf das, was wir schmecken, sondern auf das, was wir sehen (oder was uns zuvor erzählt wurde). Entsprechende Untersuchungen haben gezeigt, dass z. B. ein Kirschsaft mit gelber Farbe nur von 30 Prozent der Probanden auch als Kirschsaft „erschmeckt“ wurde. Erst in Kombination mit der Aktivierung weiterer Sinne kann folglich aus einem gustatorischen Reiz ein typischer Markengeschmack werden. Gerade in der Lebensmittelbranche führt also kein Weg an multisensorischem Marketing vorbei.

 

 

 

Fühlen:

 

Mit unserem Tastsinn verhält es sich genau andersherum. Die Haut ist nicht nur unser größtes (Sinnes-)Organ, sondern auch das authentischste. Um nochmal an die Worte von Herrn Hartmann zu erinnern: Es ist schier unmöglich, sich zu ‚verfühlen‘. Wenn z. B. eine bestimmte Oberflächenstruktur glatt aussieht, sich jedoch rau anfühlt, steht für uns fest: Diese Oberfläche ist rau. Darin, dass wir unserem Tastsinn also quasi blind vertrauen, liegt eines der größten Potenziale multisensorischen Marketings. Denn genau das ist ja schließlich das summum bonum von Marketing überhaupt: Die Kunden sollen der Marke bzw. dem Unternehmen blind vertrauen. Außerdem können schon mit relativ geringem Aufwand Erfolge generiert werden. So führt beispielsweise ein simpler Relief-Schriftzug auf einer Flasche dazu, dass Menschen diese besonders gerne in der Hand halten. Gerade die haptischen Umsetzungsmöglichkeiten sind extrem vielfältig. Sie reichen von vermeintlichen „Kleinigkeiten“ wie einer ganz bestimmten Papiersorte für Flyer bis hin zur Aktivierung der Kunden zu einer einzigartigen Bewegung (denkt z. B. mal an den „Joghurt mit der Ecke“).

 

 

Ihr seht, multisensorisches Marketing ist wirklich super spannend und umfasst viel mehr, als man vielleicht im ersten Moment vermuten würde. Je multipler das Ganze ausgelegt ist, desto besser. Jeder Sinn, der – analog zu den übrigen – zusätzlich angesprochen wird, erhöht die neuronale Gehirnaktivität um 1000 Prozent. Im Idealfall entsteht ein harmonisches multisensorisches Zusammenspiel, das sämtliche Aspekte der Corporate Identity einer Marke auf (potenzielle) Kunden überträgt und sie damit an diese bindet. So oder so handelt es sich bei multisensorischem Marketing um eine sehr nachhaltige Strategie. Ist eine Marke nämlich erstmal in den Köpfen der Leute mit einer Komposition aus visuellen, auditiven, olfaktorischen, gustatorischen und/oder haptischen Reizen verknüpft, ruft in Zukunft schon die Aktivierung eines einzelnen Sinnes das Gesamterlebnis wieder hervor.

 

Um euch zu zeigen, dass das wirklich funktioniert, möchte ich euch abschließend zu einem kleinen Spielchen einladen. (Der Spieltrieb ist ja schließlich auch ganz tief in uns verankert.) Ich sag nur …

 

- runde, blaue Cremedose aus Metall

 

- Tütchen aufreißen à Finger rein à Finger ablecken à Prickeln im Mund

 

- „Der mit dem Blubb“

 

 

Habt einen wunderschönen Sonntag!

 

 

P.S. HARIBO macht Kinder froh und Erwachsene ebenso. … Ich wette, zumindest innerlich, hat jetzt jeder von euch gesungen! ;)

 

 

 

Quellen:

 

https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/sehen

 

https://handelsjournal.de/2015/08/03/markt/abusch/sinn-und-sinnlichkeit/

 

http://www.karrer-works.ch/farben/farben-wirkung1.html

 

https://www.multisense-institut.de/images/presse/clipping/markenartikel_06-2010.pdf

 

https://www.multisense-institut.de/images/presse/clipping/Unser_Gehirn_liebt_Print_Olaf_Hartmann.pdf

 

https://www.multisense-institut.de/wissen/glossar/multisensory-enhancement

 

https://www.springerprofessional.de/marketing---vertrieb/markenfuehrung/teil-5-riechen-und-schmecken/6598594